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Rezension zu: "In mir und um mich herum"

von Tom LatkaDatum hinzugefügt: Montag, 16. Juni 2014Jedes Leben braucht Raum und damit eine Grenze, die es von anderen Räumen unterscheidet. Schon Einzeller als die kleinsten Formen des Lebens haben eine Zellwand, durch die ihr Leben möglich wird.
Es ist eigentlich erstaunlich, dass die psychischen Grenzen in der Psychotherapieforschung bislang so wenig Aufmerksamkeit erhalten haben. Klaus Blaser ist einer der wenigen Psychotherapeuten, der sich diesem Grenz-Thema schon seit Jahren ausgiebig widmet und als Experte der Grenzforschung (Horizologie) das Thema der Ich-Grenzen sowohl theoretisch wie auch konkret praktisch mit seinen eigenen Klienten in der Psychotherapiepraxis erforscht. Diese gewinnbringende Kombination kommt auch in seinem neusten Werk zum Vorschein: "In mir und um mich herum".
Darin beschreibt er mit zahlreichen Abbildungen 10 Fälle aus seiner Praxis, bei der er die von ihm entwickelte "dreidimensionale Grenzvisualisierung (3D-GV)" anwendet und theoretisch reflektiert. So wird der Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis in jedem Kapitel spürbar und die Lektüre ein Vergnügen für alle die sich darauf einlassen, dass die Psyche nicht nur im Kopf ist!
Theoretisch gelingt Blaser die Brücke zwischen Heideggers "In-der-Welt-Sein" über den leiblichen Gefühlsraum von Schmitz bis hin zu Sloterdijks "Herausstellen unerwünschter Affekte". Der Rückgriff auf die Spiegelneuronen und die Neuroplastizität fehlt ebensowenig wie interessante Vergleiche aus der Tierwelt: Wasserflöhe ohne natürliche Feinde entwickeln keinen Helm und keinen Stachelschwanz! Menschen in Gemeinschaften kommen jedoch nicht umhin, eine Ich-Grenze aus- und umzubilden, denn: "Nur mit Grenzen können wir frei sein." (91) und: "Nur mit zwei separaten authentischen Ichs kann eine gesunde Beziehung aufgebaut werden." (175) Man wird erinnert an das Konzept der "bezogenen Individuation" von Helm Stierlin, der ebenso wie Virginia Satir die Wichtigkeit von Eigenem in der Beziehung mit anderen betont. Die Grenzforschung von Klaus Blaser bringt hier wichtige neue Impulse für ein Thema das auch in der Psychosomatik nicht hoch genug beurteilt werden kann.
Fazit: "In mir und um mich herum" ist für Theoretiker wie Praktiker gleichermaßen ein Gewinn. Ist doch nirgend sonst das Thema der Ich-Grenzen so übersichtlich und konkret zusammengefasst wie in diesem Buch. Dass darin zugleich eine neue Methode der Grenzvisualisierung vorgestellt wird, die zum Nachmachen anregt, lässt es klar zu Kaufempfehlung werden, und zwar für alle, die sich persönlich oder professionell mit Ich-Grenzen beschäftigen, aber das sind wir schließlich alle, zumindest solange wir leben.

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