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Ostschokolade


Von: Wolf, Leonie
Araki, 2003. 254 S., 16 x 10,05 cm, kartoniert

ISBN: 978-3-936149-08-1

12,90 €

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Nach einem Unfall bei Stavenhagen verliert Anna die Erinnerung. Durch ein verschollenes Tagebuch wird ihre Identität zurückgeholt. In den Feldern glüht Hitze. Durch das mecklenburgische Dorf scheppert die Totenglocke. Ein Schatten fällt auf die Idylle im Pfarrhaus bei Güstrow. Seit kurzem arbeitet ihr Robert in der Tischlerei mit der jungen Sonja, neben der sich die Pastorin Anna seltsam unbeholfen fühlt. Beim letzten Glockenschlag werden plötzlich Jahre mit ihrer Mutter am Herdfeuer, Fahnenappelle bei Pankow und ihr Neuruppiner Kartoffeleinsatz Gegenwart. Roberts Gesicht, das sie in Greifswalder Nächten, in die Jenaer Ratszeise verfolgt. Sie flieht vor ihm nach Hiddensee, Bulgarien, auf waghalsigen Tramptouren hoffend, den Geruch von Freiheit zu spüren.
Jahre später trifft sie unverhofft auf ihn. Glückszeit. Nach einer Odyssee bis ins Ruhrgebiet treibt Sehnsucht sie in das Dorf bei Güstrow zurück. Doch ihre frühere Welt vor der Wende ist wie vom Erdboden verschluckt. Ein unheimlicher Schatten folgt ihr. Sie läuft. Anna hört Schritte, ohne jemanden zu erkennen. Da taucht Sonja wieder auf.
"Ostschokolade" ist eine spannende, von der DDR-Vergangenheit bewegte Liebesgeschichte. Mit ihrer Wärme und Offenheit inspirierten die Menschen im Osten Deutschlands Leonie Wolf zu diesem Buch.
Rezension:
"Neben aller Spannung, Lesegenuß und literarischem Anspruch zog ich eine bleibende Lehre: die DDR lag nicht im Osten sondern IRGENDWO in Deutschland.
Georg Dehn
Autorenporträt:
Leonie Wolf erlebte zwischen Potsdam und Oranienburg ihre Kindheit, wo das Pionierlager am Werbellinsee, die Kieskuhlen bei Velten und Sommer auf märkischen Rübenfeldern ihre Bedeutung hatten. Als in ihrer Nähe, bei Hohen Neuendorf die Mauer gebaut wurde, war sie neun Jahre alt. Mit dem Abitur in Hennigsdorf studierte sie an der Universität Greifswald Theologie und jagte Träumen der 70er nach. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena erwarb sie bei Prof. Hertzsch das Diplom nach einer Arbeit mit Kranken in Weimar.
Als sie Pastorin in einem kleinen Dorf im Osten wurde, war es die Erfüllung ihres Wunschtraumes. Ihre Hochzeit, die Geburt von fünf Töchtern und drei Söhnen, Göttingen und das Ruhrgebiet sind Stationen ihres Weges. Sobald es möglich wurde, kam sie in ihr Dorf zurück, nahm Umbrüche wahr und suchte vertraute Gesichtszüge und alte Wege. Sie schrieb "Ostschokolade" mit dem Wunsch, wiederzufinden und der Sehnsucht, anzukommen.
Leseprobe:
"Willkommen zu Hause", tönte ein Ruf auf dem engen Weg, den eine hohe Schlehenhecke säumte. Robert half ihr aus dem Auto, um sie durch den dunklen Flur in die Küche zu führen. In der Küche brannten drei Kerzen, deren Licht Schatten an die Wände warf. - "Willkommen, Anna!" flüsterte Robert und beugte sich zu ihr, um ihr ein Glas Wein zu reichen. An der Wand zeichnete sich der Schatten ihrer nach dem Glas ausgestreckten Hand ab. Sie sah, wie ihr unförmiger Schatten mit seinem verschmolz. Mit Interesse betrachtete sie den schwarzen Kohleherd, den klobigen Tisch und die Fliegengitter. Sie versuchte sich an ihre Küche zu erinnern, wollte tief Atem schöpfen, aber blickte in fragende Augen. In der Mitte des Tisches thronten bucklige Gebilde. Etwas floss rot über den Tisch und fing an, von der Tischdecke zu tropfen. Mit dem Rücken zu ihr werkte ein großes Mädchen am Herd. Unberührt von dem Unsinn um sie her, rührte sie energisch in der Pfanne. Jetzt humpelte sie auf Anna zu. Sie reichte ihr einen Puffer. Anna sah das Mädchen freundlich an. Irgendwo musste sie mal mit ihr zu tun gehabt haben. Sie überlegte krampfhaft, wo das gewesen sein konnte. - "Was für ein Mädchen hilft hier in der Küche mit?" fragte sie Berti, der ihr am nächsten saß. - "Aber das ist doch.unsere Linde, das ist deine Tochter Linde!" rief Berti und seufzte auf. Die Mutter senkte betroffen den Kopf. Also zu Hause. Sie beobachtete ihre an der Wand tanzenden Schatten und versuchte, ihr aufkommendes Glücksgefühl zu verbergen. Sie fragte sich, welche Rolle sie früher gespielt hatte und was sie jetzt von ihr wohl erwarteten, so lädiert sie war. - "Kartoffelpuffer!" rief Linde. "Mama. Du hast dir doch Kartoffelpuffer gewünscht, als du noch im Krankenhaus lagst." In dem Augenblick raste eine Fliege auf den Teller. So kam es, dass Anna die Türglocke und die Schritte im Flur nicht bemerken konnte. - Sie drehte der Hereinkommenden den Rücken zu, aber konnte ihren Schatten an der Küchenwand erkennen. Eine Frau, sah sie, das Haar war lang und fiel ihr über die Schultern.
Als ob ein unheilvoller Schatten einbricht, trat eine Frau in ihre Küche. Selbstverständlich war ihr Schritt, als ob sie sich hier auskannte. - "Nein!" flüsterte Anna. "Nein!" Die Salzkörner flogen wild über den Puffer. "Wer ist.", sie kämpfte mit ihrer Artikulationsfähigkeit. Stückweise brachen ihre Worte aus dem Mund: ". die Frau. in der Küchenecke?" Alle verstummten und kauten an ihren Puffern. Robert starrte fassungslos erst sie, dann die Frau an. - Woher kam sie nur? "Wer ist. das?" rief sie vor Schreck. Mit plötzlicher Schärfe fühlte Anna, dass etwas passiert sein musste.
Über ihr kreiste die Fliege. Durch das offene Fenster fuhr ein Windstoß, der die Kerzen zu löschen drohte. - "Hat unsere Emma schon gegessen?" stutzte sie. "Kommt sie nicht zum Essen runter?" - Alle schwiegen und starrten auf ihre salzverkrusteten Teller, während aus dem Küchenradio Bob Dylan tönte. Auf einmal wurde die Musik von einer tiefen Stimme unterbrochen. - "In Erfurt hat jemand ein Gymnasium gestürmt", sagte die Stimme. Die Fliege krabbelte allmählich den Arm rauf. Bob Dylan sang wieder.
 



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