Liebe Leserinnen und Leser,
ja, der Tod ist ein Tabuthema. Man redet nicht gern darüber, man denkt nicht gern daran. Es gibt ein erstaunliches Phänomen unter den Menschen: Jeder Mensch muss sterben, aber fast jeder denkt, auf ihn wird es nicht zutreffen, und hofft, er könne davonkommen. Leider ist das noch niemandem gelungen. Es gibt niemanden, der ewig lebt. Selbst so große spirituelle Führungspersönlichkeiten wie Krishna, Buddha oder Jesus gaben ihren materiellen Körper auf und verließen die diesseitige Welt.
Der Tod ist also etwas sehr Besonderes und auch Unvermeidliches. Er gehört zum Leben dazu. Wie sollten wir das Leben wertschätzen, wenn es ohnehin immer da wäre und wir es überhaupt nicht verlieren könnten? Es wird uns so wertvoll, weil es so verletzlich und gefährdet ist, und weil es auf jeden Fall vergeht.
Über den eigenen Tod zu meditieren, ist eine sehr starke spirituelle Praxis, die uns in die Wahrheit führen kann. Das Motiv des Sterbens im Sinne eines geistigen Aufstiegs findet sich in der griechischen Philosophie als zentrales Motiv: ›phaidros meléte thanátou‹ (Platon, Phaidros 81a) ist die ›freudvolle Todesübung‹. In Indien gilt der Brahmane als Zweimalgeborener. Der Sufismus nennt es ›Fan?‹: ›Stirb, bevor du stirbst.‹ Im Christentum ist es der Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Im Schamanismus heißt es: ›den Tod als Ratgeber nehmen‹, oder: ›heute ist ein guter Tag, um zu sterben‹.
Wir können den Tod nicht vermeiden und tatsächlich kann er uns sogar in ein höheres geistiges Wissen führen. Wenden wir uns also heute freudvoll dem Tode zu, um mehr über das Leben und unsere wahre Identität zu erfahren!