Rezension zu: "Ich hoff, die Menschheit schafft es"
von Kerstin MarklofskyDatum hinzugefügt: Montag, 27. März 2017Rezension von Barbara Roca, Berlin im April 2016Welch schöner, hoffnungsvoller Satz, abgefasst im vierhebigen Jambus – angesichts der Gefahren, die für die Zivilisation bestehen und die sich, seit Peter Hacks 2003 verstarb, noch potenziert haben. Dieser Satz gab den Titel für die umfassende Hacks-Biographie von Jochanan Trilse-Finkelstein. Er ist einer Ballade von Hacks entnommen, dem „Geistergeburtstag“, das sich auf Hegel und Goethe bezieht.
Das Buch von JTF, der bereits 1980 eine Hacksmonographie vorgelegt hatte, die das Spätwerk des Autors nicht umfasste, ist in zwei Teile gegliedert – Leben und Werk.
Der eigentlich biographische Teil stellt Kindheit und Familie von Hacks vor, berührt die Zeit in Breslau, München und Berlin und dem Ferienort Rangsdorf. Es werden das Gesellschaftsleben von Hacks und die vielen Diskurse dargestellt, an denen sich Hacks persönlich sowie durch seinen umfangreichen Schriftwechsel beteiligt hatte. Dazu gehört vor allem der Literaturstreit mit Kollegen wie etwa Heiner Müller.
Im zweiten Teil der Biographie wird das Werk in seinem Entstehen und seinen Ergebnissen dargestellt.
Er umfasst seine theoretischen Schriften, Arbeiten zur Kunsttheorie und Ästhetik, seine Arbeiten als Lyriker (Lieder zu Stücken, Gesellschaftsverse, Liebesgedichte), die Werke des Kinderbuchautors und Erzählers („Der Schuhu“, „Magister Knauerhase“) und vor allem das dramatische Werk von 40 Stücken, beginnend mit „Geschichte eines Wittibers im Jahre 1637“ über die „Olympischen Komödien“ („Amphitryon“, „Omphale“, „Numa“) bis zum „Bischof von China“. Es folgt eine Nachrede, die die Teile des Werkes zueinander wie zur Biographie des Autors ins Verhältnis setzt.
Die Hauptthemen von Hacks werden vom Verfasser besprochen sowie im Verhältnis zur Zeitgeschichte beleuchtet – es sind Themen wie Systemauseinandersetzung, Auseinandersetzung mit sozialistischer Realität, Thesen zu Kunst und Ästhetik und zu Hacks´ eigener Kunst, Erprobung von Modellen in der Dramatik, die Auseinandersetzung mit dem Erbe Brechts, mit Shakespeare und Racine etwa, Diskussion des Klassikbegriffes und mit der Rezeption Goethes, die Hacks im Sinne eines produktiven Erbeprozesses begriffen hatte. Es werden Methoden und Lösungsvorschläge in der Nachfolge Brechts anhand ihrer Darstellungen in anderen literarisch-historiographischen Werken, etwa bei Werner Mittenzei, thematisiert.
Hacks selbst sah sich als Klassiker des Sozialismus, womit er für sich recht hatte. Wohl aber ist eine neue klassische Periode der Kunst, ausgehend von einer sozialistischen Gesellschaft, nicht entstanden, wenngleich Hacks ebenso wie sein Biograph die Bedeutung gesellschaftlicher Grundlagen und Phasen von Gesellschaften für die Erschaffung und Kommunikation von Kunst herausarbeiten.
Mit der ausführlichen Kommentierung der Hacksschen Werke, der sehr genauen Kenntnis der Inszenierungen – es waren letztlich mehr als 1000 – und der übersichtlichen Gliederung des Stoffes ist ein Grundlagenwerk zum Autor Peter Hacks geschaffen worden, das für die kommenden Jahre maßstabgebend bleiben wird.
Außerdem enthält das Werk ein gründliches Literaturverzeichnis (Quellen und Texte) sowie eine nicht überfrachtete Bibliographie (Sekundärliteratur). Zwei Register stützen das Buch und erleichtern das Lesen.
Das Buch wurde in seinem Entstehen vom Araki Verlag unter Leitung von Georg Dehn aufmerksam begleitet, sehr detailliert von Kerstin Marklofsky lektoriert und ist ästhetisch ansprechend ausgestattet. Der Verlag plant nach gutem Abverkauf der ersten Auflage eine zweite in Broschurausstattung.
Bewertung: [5 von 5 Sternen!]